Thomas Bielicke ist Gemeindewehrführer der Feuerwehr Panketal in Brandenburg. Mit seinen Kameraden war er vor einigen Wochen in Erftstadt, Nordrhein-Westfalen, zu einem Einsatz im Hochwassergebiet. Über diese ganz spezielle Hilfsaktion, und die Verbundenheit der Ehrenamtlichen untereinander, hat er mit der DSEE gesprochen.
DSEE: Herr Bielicke, wie kam es dazu, dass sie als örtliche Feuerwehr aus Brandenburg in NRW im Einsatz waren?
Bielicke: Wir haben seit etwa 30 Jahren eine Partnerschaft mit der Feuerwehr Erftstadt. Brandenburg ist auch Partnerland von Nordrhein-Westfalen. Generell stellte sich die Frage für uns ja bisher nie, ob wir helfen würden, falls in Erftstadt mal etwas sein sollte. Doch im Laufe dieser Ereignisse mussten wir uns diese Frage dann doch stellen. Und so haben wir, in Absprache mit unserer stellvertretenden Bürgermeisterin, kurzerhand unsere Hilfe angeboten. Und die wurde auch dankbar angenommen.
DSEE: Und wie lange waren Sie vor Ort?
Bielicke: Ich hatte den Donnerstagabend im Radio von der Katastrophe erfahren und daraufhin versucht, mit den Kameraden vor Ort Kontakt aufzunehmen. Das war nicht so einfach möglich, da ja die Infrastruktur – und damit auch die Sendemasten – zerstört wurden. So konnte ich erst an dem Freitag wirklich Kontakt herstellen. Und natürlich können wir nicht einfach dorthin fahren. Stattdessen braucht es eine offizielle Hilfsanforderung. Die kam dann am Sonnabend-Abend. Sonntagfrüh sind wir dann losgefahren. Wir waren mit unserer Gruppe, bestehend aus neun Kameraden, mit einem Löschfahrzeug und einem Anhänger vor Ort. Der Einsatz ging dann bis zum Mittwoch. Wir konnten somit drei Tage helfen und die Leute vor Ort unterstützen. Zudem hatte unser Förderverein, noch vor dem Einsatz, auf die Schnelle ein Spendenkonto eingerichtet und konnten bereits 50.000 Euro an den dortigen Förderverein der Feuerwehr Erftstadt übergeben. Denn auch die Kameraden dort haben teilweise alles verloren oder wären im Einsatz fast ums Leben gekommen.
DSEE: Und wie sah Ihr Einsatz in Erftstadt aus?
Bielicke: Wir haben mehrere Dinge getan. Zeitweise haben wir uns sogar aufgeteilt, damit wir gleichzeitig an mehreren Orten unterstützten konnten: Wir haben dabei geholfen, Häuser auszuräumen, haben aber hauptsächlich Flächen frei gepumpt, damit das Wasser nicht immer wieder in die Häuser zurückläuft. Damit am Ende eben die Stromversorgung wieder in Betrieb genommen werden kann. Wir hatten uns 2019 technisch tatsächlich auf ein ähnliches Szenario vorbereitet und eine größere Schmutzwasserpumpe angeschafft. Das ist normalerweise bei Feuerwehren derzeit noch nicht üblich, in absehbarer Zeit aber wird das sicher mehr werden. Zugleich fragten wir uns, was wir machen, wenn es mal einen großflächigen Stromausfall geben würde und haben auch eine Netzersatzanlage, sprich ein großes Stromaggregat, angeschafft. Dies treibt dann die Schmutzwasserpumpe an. Das Ganze ist wirklich erst ein Jahr zuvor in Dienst gestellt worden. Wir haben sie dort erstmalig erprobt und im Einsatz festgestellt, dass dies genau die richtige Anschaffung war. In diesen drei Tagen haben wir 7,2 Millionen Liter Wasser bewegt.
DSEE: Wie war das für Sie und Ihre Kameraden von der Feuerwehr in solch einem Krisengebiet?
Bielicke: Ich muss ehrlich sagen: Wir als Feuerwehr sind wirklich hartgesotten. So schnell kann uns nichts erschüttern. Trotzdem sind die Leute da unten wirklich extrem betroffen. Die haben alles verloren, komplette Hausstände sind weg, sofern das Haus überhaupt noch steht. Die Häuser, die wir gesehen haben, waren zwischen einem und drei Metern komplett unter Wasser. Flüsse, die normalerweise nur sechs Meter breit sind, haben sich bis auf 500 Meter ausgedehnt.
DSEE: Ist es nicht extrem belastend so etwas zu sehen?
Bielicke: Das ist belastend, ja. Aber wir überschreiben diese belastenden Situationen mit den vielen schönen Erlebnissen, die wir durch die Einsätze haben. Und wir lassen sowas gar nicht an uns herankommen. Und wenn dann doch mal ein Kamerad Probleme hat, dann wird er auch professionell betreut.
DSEE: Hat der Einsatz Ihre Einstellung zum Ehrenamt verändert?
Das hat mich absolut darin bestärkt. Ich bin nun noch mehr der Meinung, dass es wichtig ist, so ein Ehrenamt auszuführen. Mich hat es aber auch darin bestärkt, dass wir einfach sehr gut vorbereitet waren. Man kann nie auf alles vorbereitet sein, aber für die Leute dort war das, was wir vorbereitet hatten, genau das Richtige. Wir legen uns Konzepte zugrunde, von denen wir hoffen, dass wir sie nie brauchen werden. Aber, dass wir dann genau das richtige zur rechten Zeit parat hatten, das macht mich dann einfach stolz. Denn so konnten wir zielgerichtet helfen. Ich bin schon 40 Jahre, inklusive meiner Zeit bei der Jugend zu DDR-Zeiten, bei der Feuerwehr. Ich bemühe mich immer darum, die Feuerwehr attraktiv zu halten. Und daher haben wir stets regen Zulauf, auch im Bereich Jugend. Wir geben unser bestes hier in Panketal, für unsere und für andere Bürger.
DSEE: Sind Sie jetzt noch im Kontakt mit den Kameradinnen und Kameraden aus Erftstadt?
Bielicke: Ja, regelmäßig. Wir fragen nach, wie es geht, ob wir noch helfen können. Für uns war aber an der Stelle die Hilfe beendet. Jetzt muss dort aufgebaut werden – Straßen und mehr. Das können wir nicht leisten. Unsere Arbeit war erledigt. Wir konnten unseren Freunden helfen und das war für uns wichtig.