Foto eines Himmels mit dem Text: Barcam Engagiertes Land 21. April 2021

Ein digitales Dorf, viele Ideen – Rückblick auf das BarCamp Engagiertes Land

Über 200 Teilnehmenden, 23 Sessions und viele tolle Beispiele, wie Engagement auf dem Land gelingen kann. Da wurde es manchmal ganz schön eng im digitalen Dorf des BarCamps „Engagiertes Land“, das BBE und DSEE gemeinsam veranstaltet haben.

Überall eilten Avatare der Teilnehmenden herum und bereits auf dem Weg zu den Sessions bot sich die Gelegenheit, sich mit anderen Engagierten auszutauschen.

Und in den Sessions in der (digitalen) Kneipe, Scheune oder Dorfladen ging es weiter: Engagierte stellten ihre Projekte vor und diskutierten mit anderen, wie sie sich weiterentwickeln, transferieren oder sich weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter für sie gewinnen lassen.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von cryptpad.fr zu laden.

Inhalt laden

Twitter

Mit dem Laden des Tweets akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Twitter.
Mehr erfahren

Inhalt laden

Mit Padlet erstellt

Dadurch wurde nicht nur die Vielfalt des Engagements auf dem Land deutlich. Es zeigte sich auch, was die Engagierten auf dem Land umtreibt. Drei Schwerpunkte haben sich dabei herausgestellt:

1. Digitalisierung

Ob eine App, mit der Gleichgesinnte zusammenfinden, die Online-Tools, mit der sich die Vereinsverwaltung einfacher organisieren lässt oder der digitale Dorffunk, mit dem vor Ort Neuigkeiten verbreitet werden: So vielfältig die Möglichkeiten digitaler Instrumente, so zahlreich sind auch die Herausforderungen: Welche Tools sind die besten? Wie kann ich noch mehr Nutzer:innen von meiner App begeistern? Das sind nur einige der Fragen, die gestellt wurden. Viele haben sich auf den Weg gemacht, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Jetzt gilt es die Fragen zu beantworten, die auf diesem Weg aufkommen.

Es gibt viele Möglichkeiten auch während des Corona-Lockdowns, in dem Dorf- und Vereinsleben reduziert sind, das soziale Miteinander und die Gemeinschaft vor Ort zu stärken: Ob die DorfPage neu zu gestalten, den DorfFunk zu erproben oder für die digitale Dorfchronik spannende Dorfgeschichten mit dem Camcorder aufzunehmen. Höxter zeigt, was alles geht. Und es zeigt sich, dass vieles gar nicht so anders ist, wie im Dorfleben „offline“: Informationen verbreiten sich zum Beispiel auch bei digitalen Möglichkeiten von Mund-zu-Mund. Wenn diese Aktivitäten nicht fest institutionalisiert sind, wie zum Beispiel über die Kreisentwicklung der Kommune, bleibt es jedoch herausfordernd, sich von Projekt zu Projekt zu hangeln.

„Die wichtigste Erkenntnis aus unserer Session war, dass Digitalisierung in Bürgerhand gehört und die digitale Transformation am besten von Menschen vor Ort gestaltet wird.“
Hans-Werner Gorzolka, Kreisheimatpfleger Kreis Höxter

„Die wichtigste Erkenntnis aus unserer Session war, dass wir es selbst in der Hand haben, ob und was sich auf dem Land tut.“
Martina Werdehausen, Teamleiterin der Caritas Konferenz Ovenhausen

„Die wichtigste Erkenntnis aus unserer Session war, dass Kommunen die Chancen der Digitalisierung bereits aktiv nutzen, denn Stillstand bedeutet Rückstand.“
Heidrun Wuttke, Projektleiterin „Dorf.Zukunft.Digital

2. Beteiligung

Es gibt fast immer Engagierte vor Ort, die die Dinge in die Hand nehmen. Aber wie lässt sich sicherstellen, dass auch andere Gehör finden? Und wie motiviert man sie dazu, sich einzubringen und mit anzupacken. Und wie finden unterschiedliche Gruppen zusammen? Es hat sich gezeigt: Oft braucht es Orte, die Menschen sichtbar machen und ihnen Freiheit und Austausch ermöglichen.

Meist gibt es Leute im Dorf, die vorangehen. Auch in Witzin passiert Einiges. Von Streuobstwiese, Solarlampen über Multifunktionshalle, Bioenergiedorf bis zur Eröffnung der neuen Pension Freigeist: Doch für die Alteingesessenen sind nicht alle Veränderungen so einfach hinnehmbar. Es ist aber wichtig, möglichst viele Menschen mitzunehmen und sich untereinander auszutauschen. In der Session wurden einige gute Ansätze zusammengetragen, wie das gelingt. Dazu zählen die Schnack-Box, eine Lösung für Videokonferenzen, bei der auch weniger Technik-affine Menschen sich austauschen können oder der Dorf-Bote Witzin, bei dem einfach mal mit dem Megafon im Dorf die wichtigsten Neuigkeiten verbreitet werden. Damit wird der Grundstein gelegt, um gemeinsam über Entwicklungsprozesse in der Dorfgesellschaft zu sprechen.

„Die wichtigste Erkenntnis aus meiner Session war, dass wir immer in Bewegung bleiben sollten.“
Hans Hüller, Bürgermeister Witzin

Ob die Nutzung einer alten Turnhalle, die Einrichtung eines Cafés in einer geschlossenen Schule oder der Bau eines Backhauses als Treffpunkt:  Dorfwerkstätten zeigen, dass Bürger:innen mit anpacken, wenn die Kommune sie fragt, was sie benötigen. Bürger:innen, Vereine und Gruppen vor Ort sagen, was sie brauchen oder wünschen, die Kommune gibt Hilfe zur Selbsthilfe. Zwei Hürden gilt es zu überwinden: Zum einen ist eine gewisse Skepsis der Bürger:innen gegenüber der Verwaltung zu beobachten, wenn sie die Dorfwerkstätten durchführt. Und das Engagement muss auf Dauer gestellt werden. Teilweise arbeiteten Gruppen nach der Starthilfe zwar ohne Begleitung weiter. Die Gruppen lösen sich aber oft nach Umsetzung der Projekte wieder auf.

„Die wichtigste Erkenntnis aus meiner Session war, dass es überall ähnliche Herausforderungen gibt, die wir am besten bewältigen, wenn viele gemeinsam anpacken und voneinander lernen.“
Marlen Grote, Alte Hansestadt Lemgo

3. Vernetzung

Ob der lokale Verein, der sich mit anderen vor Ort vernetzt oder Demokratie-Initiativen, die sich auf regionaler Ebene austauschen: Vernetzung ist an vielen Stellen zu beobachten. Gleichzeitig stellt sich auch immer wieder die Frage, wie die Vernetzung am besten organisiert werden sollte. Was sind die Themen? Wen müssen wir zusammenbringen? Welche (hauptamtlichen) Strukturen braucht es? Mit der richtigen Form der Vernetzung lässt sich viele gewinnen: Gemeinsame Ideen und gebündelte Kräfte bei der Umsetzung. Darüber hinaus merkt man, dass es auch andere gibt, die am gleichen Strang ziehen.

Im Saarpfalz-Kreis entsteht aus der intensiven Vernetzung der Akteur:innen eine Jugendbeteiligungsstrategie, die Demokratiebildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung verzahnt. In der Partnerschaft für Demokratie widmen sich die lokalen Schülervertretungen und die Fachkräfte der Jugendarbeit insbesondere selbstverwalteten Jugendtreffs, in denen Demokratie gelernt und gelebt wird. Wichtiges Fazit: Es braucht mehr Sichtbarkeit der Jugend im ländlichen Raum.

„Die wichtigste Erkenntnis aus unserer Session war, dass jugendliche Freiräume und eine fachliche Unterstützung entscheidend sind für das Entstehen bürgerschaftlichen Engagements.“
Tobias Drumm/Fabian Müller, juz united e. V./ Adolf-Bender-Zentrum e.V.

Der Ehrenamts-Stammtisch der Stadt Römhild ist eines von vielen gelungenen Beispielen, wie verschiedene Engagierte vor Ort zusammengebracht werden können. Dieses und weiter Beispiele, die in der Broschüre „Engagementförderung in Ostdeutschland“ zusammengefasst sind, zeigen: In den ostdeutschen Bundesländern, die wesentlich stärker von Ländlichkeit geprägt sind als die in Westdeutschland, sind bereits viele Bürgerinnen und Bürger engagiert und tauschen sich aus. Es bestehen dennoch Herausforderungen, wenn es darum geht, die entstandenen Netzwerkstrukturen dauerhaft zu etablieren.

„Die wichtigste Erkenntnis aus unserer Session war, dass Engagement auf dem Land verlässliche Ansprechpartner und hauptamtliche Strukturen, mehr Kooperation, Austausch und Vernetzung braucht.“
Olaf Ebert/Sophie Leins, Stiftung Bürger für Bürger

Screenshot des digitalen Dorfs, einer Work-Adventure-Umgebung

Fazit

Fest steht: Wir alle haben in dem virtuellen BarCamp einiges gelernt. Ein digitales Dorf bietet viele Möglichkeiten, die andere Online-Formate nicht haben. Und es macht vor allem Spaß. Ein wenig Aufwand macht es zwar, aber der lohnt sich.

Auch inhaltlich war es lehrreich. Die diskutierten Themen bestärken uns darin, dass wir mit dem Netzwerkprogramm „Engagiertes Land“, das wir 2021 mit einer Pilotphase starten, auf dem richtigen Weg sind: Denn viele der aufgeworfenen Fragen lassen sich gemeinsam besser beantworten: Ob im Netzwerk für Engagement und Beteiligung vor Ort oder im Austausch mit anderen Gemeinschaftsinitiativen, die Engagement auf dem Land unterstützen wollen. Und einige Anregungen zur Beantwortung der Fragen hat das BarCamp bereits geliefert.

Es gibt viel Potenzial für Engagement auf dem Land. Das wollen wir zur Entfaltung bringen.