Der Bundestag beschloss am 09.02.23 einen Gesetzentwurf, der die virtuelle Mitgliederversammlung neu regelt. Wir sprachen mit Dr. Hendrik Pusch, Justitiar des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), der 87.000 Turn- und Sportvereine mit acht Millionen Engagierten vertritt, über die Vor- und Nachteile der künftigen Regelung.
DSEE: Welches sind die wichtigsten Neuerungen für Vereine?
Hendrik Pusch: Vereine können ab Inkrafttreten der Neuregelung hybride Mitgliederversammlungen bzw. Vorstandssitzungen durchführen, ohne dass es in der Satzung geregelt sein muss. Das bedeutet, dass das Einberufungsorgan Mitgliedern gestatten kann, sich zu den Sitzungen virtuell zuzuschalten.
Eine Mitgliederversammlung kann auch mit einfacher Mehrheit beschließen, dass künftige Zusammenkünfte rein virtuell stattfinden dürfen. Gleiches gilt für Vorstände und Vorstandssitzungen. Auch dafür braucht es jeweils keine Regelung in der Satzung.
Was müssen Vereine nun tun, um digitale Mitgliederversammlungen durchzuführen?
Wenn Sie eine hybride Versammlung ermöglichen wollen, wird die Arbeit mehr. Dann gilt es, eine normale Präsenzversammlung vorzubereiten und zusätzlich die Übertragung der Versammlung und ein Tool zur virtuellen Abstimmung vorzuhalten. Für eine rein virtuelle Versammlung muss in einer Sitzung das jeweilige Organ beschlossen haben, dass diese Form der Zusammenkunft zulässig ist. Die Wege der elektronischen Kommunikation sind den Mitgliedern mit der Einladung mitzuteilen. Mittlerweile gibt es seit der Pandemiezeit sowohl für große als auch kleinere Versammlungen technische Lösungen.
Wo bleiben die Regelungen hinter deinen Erwartungen zurück?
Ich habe mir erhofft und aktiv gefordert, dass die Sonderregelungen der Pandemiephase fortgesetzt werden. Aus meiner Sicht haben sie gut funktioniert. Strukturell finde ich es nicht gut, dass eine vorherige Mitgliederversammlung mit einfachem Beschluss festlegen muss, dass rein virtuelle Versammlungen möglich sind. Diese Entscheidung hätte man aus meiner Sicht dem Einberufungsorgan zuweisen sollen. So besteht aus praktischer Sicht die Gefahr, dass der Irrglaube entsteht, dass man in der Mitgliederversammlung auch andere Verfahrensabläufe, wie die Durchführung von Block- oder Stichwahlen, mit einfacher Mehrheit beschließen kann. Wir sollten künftig nicht müde werden, darauf hinzuweisen, dass es nicht so ist.
Kann das Gesetz ein Baustein zur weiteren Digitalisierung der Zivilgesellschaft werden?
Ich glaube, das ist es schon. Unsere Vereine und die Stiftungen haben bereits in der Pandemiezeit Erfahrungen gesammelt, dass eine virtuelle oder hybride Versammlung eine persönliche Zusammenkunft nicht generell ersetzen kann. Sie kann aber eine kosteneffiziente Ergänzung für die Verwaltung des Vereins oder der Stiftung sein.
Die Fragen stellte Henrik Flor, DSEE.